„An die Laute“ von Johann Friedrich von Cronegk

An die Laute

Du singst, o Nachtigall ! allein
Bei schauervoller Nacht:
Dein Lied ertönt im dunkeln Hain,
Wo nur die Schwermut wacht .

Caravaggio: Der Lautenspieler (um 1595)

Dein Lied erfrischt des Wandrers Herz,
Der tief im Wald verirrt,
Von mancher Furcht, von manchem Schmerz
Bestürmt und trostlos wird .

Er hört den kläglich süßen Ton
Mit ehrfurchtvoller Lust:
Die Hoffnung, die schon fast entflohn,
Erwacht in seiner Brust .

Nun geht er durch die dunkle Bahn
Mit sichern Schritten hin:
Sein Schutzgeist gehet still voran;
Der Nächte Schrecken fliehn .

Wenn auf des Lebens dunkelm Pfad
Die Seele trostlos irrt,
Und ohne Schutz und ohne Rat
Der Schwermut Beute wird .

Oh, sanfte Laute ! töne du
Bei stiller Mitternacht
Mir Hoffnung, Trost und Ruhe zu,
Die Hirten glücklich macht !

Entfernt von prächt’ger Toren Hohn,
Lehrst du mich ruhig sein.
Mein Leben sei, so wie dein Ton,
Still, anmutsvoll und rein .

Der prächtigen Trompeten Klang
Ist schön, doch fürchterlich:
Ganz leise tönet dein Gesang,
Und reizend nur für mich .

So sei mein Leben stillbeglückt,
Sanft, aber unbekannt,
Mit stillen Tugenden geschmückt,
Im sichern Mittelstand .

Ein schimmernd Glück begehr‘ ich nie:
Oh, wär‘ die Weisheit mein!
Erhabne Vorsicht, gib mir sie,
So werd‘ ich glücklich sein !

Der Lorbeer bleibt beständig grün,
Den uns die Muse reicht,
Wenn auch die Zeiten schnell entfliehn,
Der Jugend Scherz entweicht .

Mein Alter sei nicht freudenleer,
Nicht ohne Scherz und Lied!
Der Tod ist nur dem Toren schwer,
Dem sterbend alles flieht .

Johann Friedrich von Cronegk

Johann Cronegk , Übersicht

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