Richard Flanagan: Der schmale Pfad durchs Hinterland

Die Hölle des Eisenbahnbaus

Richard Flanagan, 2013

Manchmal stellt man sich die Frage, welche Außenwirkung Deutschland wohl haben wird. Auf der Suche nach einer Antwort geht man von seinen persönlichen Kritikpunkten aus und man wird überrascht sein, dass Deutsche Anderswo gar nicht so schlecht wegkommen.
Der australische Schriftsteller, der lieber als Weltbürger oder als Schreibender bezeichnet werden möchte – Richard Flanagan – hat im Gespräch mit Wieland Freund von Die Welt gesagt, dass die Deutschen ein außerordentliches Mitgefühl haben, wie sie in der Flüchtlingskrise bislang bewiesen haben, während er sein Land kritisiert: „Die restriktive Flüchtlingspolitik meines eigenen Landes dagegen hat mich tief beschämt.“ 1

Richard Flanagan lebt in Tasmanien, dass mal eine Strafkolonie gewesen ist. Während des Zweiten Weltkriegs war sein Vater ein Gefangener der Japaner und musste mit an der Thai-Burma-Eisenbahn, auch als Todeseisenbahn bezeichnet, unter höllischen Bedingungen arbeiten. Die Erfahrungen seines Vaters als Kriegsgefangener ließ Richard Flanagan in seinen neuen Roman „Der schmale Pfad durchs Hinterland“ einfließen. Das Ungesagte der Opfer, womit er auch seinen Vater meint, hat ihn geprägt und er brauchte zwölf Jahre für die Fertigstellung des Romans. Im Gespräch mit Wieland Freund schildert er: „Erst habe ich gedacht, ich werde nie fertig damit. Dann habe ich gedacht, danach schreibe ich nie wieder. In Wahrheit schreibe ich unbefangener seither, freier, ganz gleich, ob das, was ich jetzt schreibe, etwas taugt.“ 2



Richard Flanagan: Der schmale Pfad durchs Hinterland
Originaltitel: The Narrow Road to the Deep North
Übersetzung aus dem Australisch- Englischen : Eva Bonné
Roman
gebunden
448 Seiten
erschien: 14.09.2015
Verlag: Piper
ISBN 978-3-492-05708-0
Preis: 24,00 € (D), 24,70 € (A)

Zum Inhalt (Klappentext):
„Preisgekrönt entfachte Richard Flanagans Roman weltweit einhellige Begeisterung: Sein Held ist Dorrigo Evans, ein begabter Chirurg, dem eine glänzende Zukunft bevorsteht. Als der Zweite Weltkrieg auch Australien erreicht, meldet er sich zum Militär. Doch der Krieg macht keine Unterschiede, und während Dorrigo in einem japanischen Gefangenenlager mit seinen Männern gegen Hunger, Cholera und die Grausamkeit des Lagerleiters kämpft, quält ihn die Erinnerung an die Liebe zu der Frau seines Onkels. Bis er einen Brief erhält, der seinem Leben eine endgültige Wendung gibt. Richard Flanagans schmerzvoll poetischer Roman erzählt von den unterschiedlichen Formen der Liebe und des Todes, von Wahrheit, Krieg und der tiefen Erkenntnis eines existentiellen Verlusts.“


Ist Verzeihen möglich?

Martin Walser kann den „Verrat“ seitens Marcel Reich-Ranickis nicht verzeihen, obwohl es im Vergleich zu den beiden anderen vorgestellten Themen die harmloseste Form ist. Trotz der Attacken seitens des Literaturkritikers hat Martin Walser mit seinen Büchern Erfolg.
Der Vater von Richard Flanagan hat nie den Hass auf Japaner gesät, obgleich er unter ihnen als Kriegsgefangener Höllenqualen durchlebt hat, ein Verrat in seinen jungen Jahren an ihm begangen wurde und am Ende seines Lebens gelang es ihm sogar, wie der Schriftsteller erzählt, „seinen Frieden damit zu machen.“ 3
Es bleibt und ist unverzeihlich, wenn es uns nicht endlich gelingt, den Hunger, trotz Überfluss von Lebensmitteln, aus der Welt zu verbannen. Martín Capparós hält sich bewusst in seinem Buch mit Ratschlägen zurück, um der gemeinsame
n Suche nach Lösungen nicht im Weg zu stehen 4 und ergänzend: um niemanden aus der Verantwortung zu nehmen, sodass aus der Enttäuschung der Gegenwart ein Leben mit Zukunft für alle wird.

– Andrea Müller –
© read MaryRead

Pinnwand


1 / 2


1 Wieland Freund: Gespräch mit Richard Flanagan – „Die Todesbahn forderte mehr Opfer als Hiroshima“, Die Welt – 13.01.2016: http://www.welt.de/kultur/literarischewelt/article150949251/Die-Todesbahn-forderte-mehr-Opfer-als-Hiroshima.html
2 Ebenda
3 Ebenda
4 Vgl. Elisabeth von Thadden: Vom Recht auf Essen, Zeit-Literatur No 48 – Hamburg, November 2015, S. 30f.

Dieser Beitrag wurde unter Speaking-Corner abgelegt und mit , , , , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink .

Schreib einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *