Max von Schenkendorf: Ostern

Ostern

Ostern, Ostern, Frühlingswehen!
Ostern,
Ostern , Auferstehen,
Aus der tiefen Grabesnacht!
Blumen sollen fröhlich blühen,
Herzen sollen heimlich glühen,
Denn der Heiland ist erwacht!

Trotz euch, höllische Gewalten!
Hättet ihn wohl gern behalten,
Der euch in den Abgrund zwang.
Möchtet ihr das Leben binden?
aus des Todes düstern Gründen
Dringt hinan sein ew’ger Gang.

Der im Grabe lang gebunden
Hat den Satan überwunden,
Und der lange Kerker bricht.
Frühling spielet auf der Erden,
Frühling soll’s im Herzen werden,
Herrschen soll das ew’ge Licht.

Alle Schranken sind entriegelt,
Alle Hoffnung ist versiegelt,
Und beflügelt jedes Herz;
Und es klagt bei keiner Leiche
Nimmermehr der kalte, bleiche,
Gottverlaß’ne Heidenschmerz.

Alle Gräber sind nun heilig,
Grabesträume schwinden eilig,
Seit im Grabe Jesus lag.
Jahre, Monden, Tage, Stunden,
Zeit und Raum, wie schnell verschwunden!
Und es scheint ein ew’ger Tag.

– Gottlob Ferdinand Maximilian Gottfried von Schenkendorf –

* 11.12.1783, Tilsit, Ostpreußen (heute: Litauen)
† 11.12.1817, Koblenz, Deutschland

Max von Schenkendorf begann mit seinem literarischem Schaffen zu Beginn des 19. Jahrhunderts, während der Befreiungskriege gegen Napoleon von 1813 bis 1815 ging er dieser Leidenschaft intensiv nach, danach hörte er abrupt damit auf. Er gehörte dem preußisch- russischen Generalstab an, zuletzt war er in Koblenz stationiert.
Er war mit dem deutschen Schriftsteller Johann Heinrich Jung-Stilling befreundet. Seine Gedichte zeigen Beeinflussungen von der deutsch-estnischen Schriftstellerin Beate Barbara Juliane von Krüdener auf. Geprägt sind seine Gedichte und Lieder von patriotisch-romantischen Vorstellungen. 1837 erschienen die Gedichte gesammelt in „Sämtliche Gedichte“. Ein Teil seiner Lieder wurden vertont, u.a. von Karl August Groos und Johannes Brahms.

Joseph von Eichendorff schreibt später über Max von Schenkendorf in seinem Essay „Geschichte der poetischen Litteratur Deutschlands“:

Es ist die Romantik auf eine einzige große Thatsache: den Befreiungskrieg, angewendet. Als der eigentliche Sänger dieses Kampfes, tiefer und wahrer als Körner, ließ er alle romantischen Schlaglichter verklärend auf das eine Ereigniß fallen; und als es dann wieder still ward, wurde auch er wieder abgerufen.“

► Gedichte

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