„An Chloen“ von Johann Friedrich von Cronegk

An Chloen

Nichts unterbreche hier die stille heil’ge Nacht
Als, Nachtigall, dein Lied und mein verliebtes Leiden!
Wie reizend rauscht der West! Die Welt ist für die Freuden,
Doch ich bin nicht für sie gemacht .

Zu einer schlimmen Zeit in diese Welt versetzt,
Von Chloens Küssen fern, ist einsam, ungenossen
Der Jugend traur’ge Zeit mir unvermerkt verflossen,
Nur, Dichtkunst! nur durch dich ergötzt .

Durch dich erhöht der Geist sich über seinen Schmerz;
Es trocknen nach und nach der Wehmut Tränen wieder.
Nun zürn‘ ich nicht, o Glück! du gibst mir sanfte Lieder
Und meiner Chloen zärtlich Herz .

Sie liebt mich – dies ist g’nug, nie unbeglückt zu sein!
Stets sah ich sie vor mir, versenkt in stillem Sehnen.
Ich will, geliebtes Kind! ich will statt meiner Tränen
Dir ew’ge treue Lieder weihn .

Fern von der Höfe Pracht, lockt meiner Lieder Ton
Die Nymphen aus dem Busch zu leicht verschlungnen Reihen.
Vergnügt vergangene Zeit empfind‘ ich hier vom neuen,
Und dich, o künft’ge, seh‘ ich schon .

So öffnet lächelnd sich der Rosen schlummernd Haupt,
Des Morgens süßen Tau sanft lechzend zu empfangen:
So lächelt‘ einst ihr Mund, so glühten ihre Wangen,
Als sie mir einen Kuß erlaubt .

Wann mich die günst’ge Zeit der Nachwelt übergibt,
Oh, so beneiden dich der künft’gen Schönen Triebe:
Wie schön war Chloe wohl! wie zärtlich seine Liebe!
Ich selbst, ich hätt‘ ihn auch geliebt !

Ein Jüngling findet einst der Lieder Überrest;
Er sagt alsdann gerührt von traurig sanften Tönen:
Unglücklicher! – auch dir hat edle Schwermut Tränen,
Verliebte Tränen ausgepreßt !

So, Hebrus! lag bei dir am klagerfüllten Strand
Des Dichters Leier da, der an dem Styx gesungen,
Und selbst dem schwarzen Styx Mitleiden abgezwungen,
Doch nicht bei zorn’gen Schönen fand .

Die Saiten zitterten, mit halbgebrochnem Ton,
Von dir, Eurydice, von dem gewohnten Namen:
Als Wirbelwinde bald, sie zu erheben, kamen;
Und unter Sternen glänzt sie schon .

Nach ihr sieht, durch die Nacht, wachsamer Weisen Blick:
Ihr Fleiß bemerket noch der Dichtkunst Lohn vom weiten.
Hier straht ihr ew’ges Licht! Nur gab sie einst vor Zeiten
Apollo dir, Horaz, zurück .

Johann Friedrich von Cronegk

Johann Cronegk , Übersicht

Dieser Beitrag wurde unter Gedicht abgelegt und mit , , , , , , , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink .

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *